Gefühle – Wegweiser für mehr Mut 

Hindern dich deine Gefühle manchmal daran tätig zu werden? Dann bist du hier richtig. In diesem Artikel erfährst du, wie du hinderliche Gefühle in nützliche Wegweiser umwandeln kannst und so mehr Mut für den Alltag erlangst.

Mutig dein Leben meistern

Ängste überwinden und Herausfordungen meistern mit einem Mut-Mindset

  • Robin hat in der Uni ein Seminar zum Feminismus belegt. Häufig finden Diskussionsrunden statt, an denen sie sich gern beteiligen würde. Jedoch tut sie das nicht. Sie hat Angst, dass sie etwas Dummes sagen könnte und andere dann schlecht über sie denken.

    Obwohl sie gute Argumente hat und schon viel über Feminismus gelesen hat, folgt sie ihrer Angst.

    Ein Hauptgrund, warum Robin sich nicht mutig an der Diskussion beteiligt ist, dass sie ihren negativ empfundenen Gefühlen zu viel Bedeutung gibt. Gefühle betrachtet sie, wie so viele andere auch, als eine Instanz von Wahrheit. Sie glaubt nicht, dass Gefühle sie auch täuschen können, denn schließlich fühlen sie sich ja real an.

Was Robin da fühlt ist Angst, die aus ihrer Phantasie kommt. Die Phantasien kommen aus Robins Vergangenheit und stellen nicht unbedingt eine angemessenes Abbild der Realität dar. Angemessen wäre es, unbefangen bei der Diskussion mitzumachen.

1. Was sind Gefühle eigentlich? 

Gefühle helfen uns dabei, Situationen einzuschätzen ohne aktiv darüber nachdenken zu müssen. Stell dir vor du stehst vor einem Essens-Buffet und müsstest dir aktiv in Erinnerung rufen, wie die verschiedenen Speisen schmecken. Das erscheint doch sehr aufwändig. Viel einfacher ist es doch, auf dein Gefühl zu hören und dann das zu wählen, was dein Bauchgefühl dir sagt. Dabei fällt die Wahl eher auf das, was du gewohnt bist zu essen oder was du als besonders gut bewertest. Ob das tatsächlich so ist, steht auf einem anderen Blatt.

Ein Gefühl ist eine körperliche Empfindung. Wie beim Essen, gibt es uns Informationen über eine Situation aus unserer Erfahrung heraus. “Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht.”

Du weißt jetzt, dass Gefühle Informationen bereitstellen. Diese bezieht es aus der Vergangenheit. Robin beteiligt sich nicht an der Diskussion im Uni-Seminar, weil sie Angst hat. Ihre Angst passt nicht zur gegenwärtigen Situation. Wie kann es dazu kommen? Es gibt zwei Mechanismen, die unsere Gefühlsreaktionen verzerren und damit unseren Blick auf die Realität verändern:

  1. Du bewertest Gefühle nicht nach ihrem Zweck. Daniele hat gelernt, Angst mit Schwäche zu verbinden und in Robins Elternhaus wurde Wut als Ungezogenheit
  2. Du hast vergangene Erlebnisse unzweckmäßig bewertet. Daniele hat sich von seinem Vater die Angst vor Spinnen übernommen. Jeder weiß, dass Spinnen in Deutschland harmlos sind. Mit Angst zu reagieren, ist hier nicht angebracht.



Willst du persönlich reifen und deinen Mut entwickeln, hilft es dir solche Verzerrungen zu identifizieren und korrigieren. Dabei ist es sinnvoll, zuerst die Gefühle ihrem eigentlichen Zweck zuzuordnen. Der Zweck jedes Gefühls kann auf jeden Menschen verallgemeinert werden. Angst hat beispielsweise für jeden Menschen den Zweck auf mögliche Gefahren in der Zukunft hinzuweisen. In einem weiteren Schritt kannst du dann unzweckmäßig bewertete Erlebnisse korrigieren. Diese Arbeit ist individuell. Nicht jeder hat Angst vor Spinnen, so wie Daniele.

Lass uns nun ein paar Gefühle ihrem eigentlichen Zweck zuordnen, die für die Erhöhung deines Mutes und deiner Tatkraft von Bedeutung sind:

  • Angst: Hinweis auf mögliche Gefahren in der Zukunft
  • Ärger:Hinweis auf Verletzung von persönlichen Grenzen in der Gegenwart
  • Trauer: Hinweis darauf etwas loszulassen, was in der Vergangenheit liegt und das man nicht mehr ändern kann
  • Freude: Hinweis, dass alles in bester Ordnung ist
  • Gefühl von Richtig und Falsch: Hinweis auf etwas Gewohntes/Ungewohntes
  • Gefühl von Scham: Hinweis auf eine gelernte soziale Grenze



Wir schauen uns nun drei dieser Gefühle genauer an. Um mutiger zu werden, müssen wir die Bedeutung von Angst, dem Gefühl von Richtig und Falsch und Scham verstehen.



2. Angst - Achtung Gefahr!

  • Daniele hatte damals Angst als Schwäche interpretiert. Deswegen hatte er sich damals unbewusst entschieden härter als angemessen zu handeln, wenn er einen Anflug von Unsicherheit verspürte.

    Nachdem er gelernt hatte Angst als einen Hinweis auf mögliche Gefahren zu sehen, konnte er diese möglichen Gefahrenpunkte betrachten und sich auf sie vorbereiten.

    Neulich hatte er ein Gespräch, in dem über sein Gehalt verhandelt wurde. Er verspürte Angst, würde er seine Vorstellungen entsprechend äußern. Er überprüfte, weswegen er Angst empfand. Er sorgte sich darum, dass sein Verhandlungspartner seine Forderungen als überzogen beurteilen könnte. Eine berechtigte Angst.

    Als Daniele das erkannte, überlegte er sich bereits im Vorfeld, wie er handeln könnte, falls sein Verhandlungspartner die Gehaltsforderung tatsächlich als überzogen betrachten würde. Daniele entschied sich, in diesem Fall seine Leistungen noch einmal klar zu benennen und einen Vergleich zum Konkurrenzangebot zu ziehen. Mit dieser Lösung fühlt sich Daniele gleich sicherer.

    Daniele hat seine Angst neu interpretiert. Damit lieferte sie ihm wichtige Informationen über mögliche Schwierigkeiten bei seiner Gehaltsverhandlung. Er hat das Gefühl der Angst genutzt, indem er sich auf mögliche Schwierigkeiten vorbereitet.

Angst kommt auf, wenn du dich dich auf Neuland begibst. Du verlässt deinen vertrauten Bereich. Du kannst sagen: Jedes mal, wenn du Angst empfindest, bist du in einem Bereich, wo du dir noch nicht sicher bist.

Schaue, dass du dein Angstlevel nicht übermäßg herausforderst. Denn so etwas kann auch zu einem Trauma führen. Schaue, dass du dich neuen Situationen mit aushaltbarer Angst näherst. Das bedeutet auch, dass du wächst, wenn du dich deinen Ängsten stellst. Denn wenn du dich öfter in diesem neuen angstvollen Bereich begibst, wird er dir nach einiger Zeit vertraut und dein natürliches Angstgefühl schwindet.

Begibst du dich immer wieder mutig im angemessenen Maß in neue Situationen, vergrößert sich dein vertrauter Bereich kontinuierlich. Du wirst zu einem Menschen, den andere als selbstsicher bezeichnen.

Phobien und Panikattacken gehören übrigens nicht zur normalen Angst. Sie sind übersteigert und haben zum Teil auch andere Ursachen. Es handelt sich um Angststörungen, die therapeutischer Aufmerksamkeit bedürfen.

3. Das Gefühl von Richtig und Falsch

  • Robin hat 300 ungelesene Emails in ihrem Postfach, die sie schon seit Monaten abarbeiten wollte. Aber sie kommt einfach nicht dazu, weil sie noch so viel anderes zu tun hat. Das erzählt sie einem Freund und fragt ihn, was sie tun könnte.

    Der Freund sagt: “Lösche doch einfach alle Emails, die älter als eine Woche sind. Ploppt noch etwas aus dieser Zeit auf, entschuldigst du dich, dass du sie nicht beantwortet hast. So kannst du dieses Thema innerhalb von einer Minute lösen.”

    Robin bemerkt einen inneren Widerstand in ihrer Brust. “Der Vorschlag fühlt sich irgendwie komisch an.”

Ein weiteres häufig falsch verstandenes Gefühl ist das von Richtig und Falsch. “Es fühlt sich richtig an.” “Es fühlt sich falsch an, das zu tun.” Was hier als richtig und falsch gefühlt wird, ist eigentlich nur die Gefühlssprache von Gewohntem und Ungewohntem. Tun wir Dinge, die unseren routinemäßigen Abläufen entsprechen, dann fühlt sich das richtig an.

  • Robin arbeitet Dinge normalerweise eines nach dem anderen ab. Sie liest eine Mail nach der anderen um ihre Aufgabe zu erledigen. Sie hat sich diese Arbeitsweise durch häufige Wiederholung “so nebenbei” angeeignet. Somit fand auch die Automatisierung zur Gewohnheit unbewusst statt.

Dieser Vorgang findet öfter statt als wir zunächst annehmen. So hat Robin keine Idee davon, welche Mimik sich in ihrem Gesicht festgesetzt hat, wie sie beim Sprechen betont, wie sie ihr Essen zu sich nimmt, was sie fühlt, wenn sie jemand auf einen Fehler aufmerksam macht und was sie denkt, wenn ihr etwas runterfällt.

Gewohnheit, wohin man schaut. In tausendfachen alltäglichen Abläufen und selbst in der Nacht bestimmen ihre Schlafgewohnheiten, wie sie im Bett liegt.

Es ist gut, dass sie nicht jeden Abend ihr Bewusstsein bemühen muss, um zu entscheiden in welcher Position sie am besten einschläft. Ihre Gewohnheiten übernehmen das alles für sie. Natürlich auch für dich.

  • Der Vorschlag, dass Robin alle Mails löscht, die älter als eine Woche sind, ist keine von Robins Gewohnheiten. Sie kennt es nicht, Aufgaben auch mal mit einem Trick zu lösen. Das fühlt sich auf einmal ungewohnt/komisch/falsch für sie an. Gedankliche Einwände kommen hinzu: “Das kann ich doch nicht einfach machen.”

    Robin entscheidet sich die Mails zu löschen, obwohl sie ein mulmiges Gefühl dabei hat. Zwei Wochen später fragt ihr Freund, ob von den gelöschten Mails etwas hochgeploppt ist. Nicht eine Beschwerde kam.

    Robin hat mit einem ungutem Gefühl etwas Neues probiert und es hat funktioniert. Sie hat damit für sich eine neue Möglichkeit entdeckt, wie man alte Aufgaben auch lösen kann: Einfach, indem sie von der Liste gestrichen werden.

Robins bisherige Gewohnheit, Dinge nach und nach abzuarbeiten, ist eine nützliche Gewohnheit. Es kann aber auch sein, dass wir uns schädliche Gewohnheiten zu eigen gemacht haben. Das kannst du besonders gut bei Leuten mit schlechter Körperhaltung sehen. Wenn sie schlaff mit hängenden Schultern dastehen, fühlt sich das für sie normal an. Berichtigst du ihre Körperhaltung, sinken sie nach wenigen Augenblicken zurück in ihre Ausgangsposition. Das passiert, weil sich die falsche Position für sie richtig anfühlt. Für sie fühlt sich eine unvorteilhafte Körperhaltung richtig an. Verrückt, oder? Aber genau dieser Mechanismus macht uns Menschen so anpassungsfähig und lässt Menschen in schlimmsten Bedingungen überleben, beispielsweise im Knast.

Für uns bedeutet das, dass wir unserem Gefühl von Richtig und Falsch nicht blind vertrauen können. Soll es zuverlässig arbeiten, müssen wir es anhand von ethischen Leitlinien überprüfen und nötigenfalls gegen unser gewohntes Gefühl arbeiten. Auf diese Weise kann es nach und nach neu kalibriert werden.

Die gefühlsmäßige Erkenntnis hinkt häufig ein wenig hinterher. Unsere neuen Gedanken müssen durch Handeln erste ein paar mal realisiert werden. Auf diese Weise merkt unser Unbewusstes, dass sich etwas tut und passt dann auch die Gefühle an. Haben sich die Gefühle einmal auf das neue Verhalten erweitert, fühlt sich auch das richtig an. Du kannst dich darauf einstellen, dass deine Gefühle meistens nicht sofort mitgehen werden, was du willentlich schon willst. Sie brauchen ihre Zeit. Diese kannst du einplanen und dann entspannt bleiben, wenn du anders fühlst als du willst.

Wenn du dein Gefühl für Richtig und Falsch einmal spüren willst, kannst du nachts einmal auf der falschen Straßenseite fahren oder dich quer auf die Straße legen und einmal nachspüren, wie sich das anfühlt.



4. Scham und Peinlichkeit

Ein weiteres Gefühl, welches unsere Beachtung benötigt, ist das von Scham und Peinlichkeit. Robin empfindet Scham, wenn sie in der Diskussionsrunde etwas sagen will. Sie verstößt damit gegen eine verinnerlichte Norm. Das könnte bei ihr sein: “Fall nicht auf!” Diese Norm könnte sie in der Kindheit aufgebaut haben. Wir wissen von den Gewohnheiten, dass solche Normen nicht mehr unbedingt zeitgemäß sein können. Dem sieht sich auch Robin ausgesetzt. In ihrem Bewusstsein entsteht der Gedanke: Wenn ich jetzt etwas sage, könnte das ziemlich peinlich sein. Wir finden häufig veraltete Normen:

  • Halt dich zurück!
  • Achte darauf, dass andere gut von dir denken!
  • Schuster bleib bei deinen Leisten!
  • Mach bloß keine Fehler!
  • Nur wenn es anstrengend ist, ist es Arbeit!
  • Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!
  • Nichts gesagt, ist genug gelobt!

Mutig dein Leben meistern

Ängste überwinden und Herausfordungen meistern mit einem Mut-Mindset

Wenn Robin erkennt, dass es durchaus angemessen wäre, sich an der Diskussion im Seminar zu beteiligen, dann spürt sie trotzdem ihre Scham. Nicht aufzufallen, gehört zu ihren Gewohnheiten.

Scham ist ein wichtiges Gefühl, welches das soziale Miteinander vereinfacht. Streckt dir jemand die Hand entgegen zum Guten Tag sagen, empfindest du Scham, wenn du nicht darauf eingehst. In Bezug auf Mut kannst du deine Scham ignorieren und trotzdem tun, was du als richtig erkannt hast. Verstoße ruhig gegen veraltete verinnerlichte Normen und betrachte aufkommende Scham und Peinlichkeit als Relikt deiner Vergangenheit.

Wenn du also Scham spürst, vergegenwärtige dir, dass du nun eine alte Grenze überschreitest und damit in Begriff bist, persönlich zu wachsen. Das Gefühl von Scham fühlt sich schwierig an, weil es einen lähmenden Charakter hat. Deswegen braucht es die Vergegenwärtigung, dass du dich entwickelst, sobald du es spürst.

  • Daniele schämte sich, als er sich am Kaffeetisch für sein aufbrausendes Verhalten entschuldigte. Er blieb einfach in der Situation und spürte seine Scham ohne sie weghaben zu wollen. Er versteckte sich nicht, sondern hielt die innere Anspannung aus. Es hat ihn zu der Erkenntnis gebracht, dass andere seine Scham nicht unbedingt wahrnehmen und dass auch nichts Schlimmes passiert, wenn er sich schämt. Im Gegenteil. Der Streit beim Kaffeetrinken flachte ab.

Genauso kannst du es auch tun. Versuche nicht, aufkommende Gefühle wegzudrücken. Fühle stattdessen, wo sie sich in deinem Körper befinden. Wo sitzt das Gefühl? Ist sie im Bauch? Oder in der Brust? Wo spürst du Scham? Vielleicht im Hals? Wo sagt dir dein Körper, dass sich die bevorstehende Handlung falsch anfühlt? Gibt es einen Stich in der Brust?

Nachdem du wahrgenommen hast, wo sich das Gefühl befindet, schaue nach, was es mit dir macht. Dreht es sich in deinem Bauch? Pulsiert es in der Brust? Sticht es im Kopf? Schnürt es am Hals? Indem du das Gefühl ganz genau analysierst, kannst du zu der Erkenntnis kommen, dass dein Impuls zu kneifen, lediglich durch ein Körpergefühl ausgelöst wird. Was die meisten Menschen nicht wissen: Du musst nicht auf dein Körpergefühl hören. Du kannst unabhängig deiner Gefühle handeln. Menschen, die sich blind von ihren Gefühlsimpulsen leiten lassen, sind Sklaven ihrer Gefühle. Sie gehorchen blind jedem körperlichen Impuls, ohne ihn jemals hinterfragt zu haben. Sie nehmen ihre Gefühle viel zu wichtig, statt ihnen einen angemessenen Raum zu geben.

Gefühle sind dazu da, uns Informationen zu geben. Frage dich: “Was will mir mein Gefühl gerade mitteilen?” Damit sind sie wichtige Hinweisgeber. Die Funktion als Befehlsgeber übersteigt jedoch ihre Kompetenzen. Das ist nicht ratsam, solange dir nicht klar ist, woher deine Gefühle kommen. Als Richtschnur für dein Handeln sind deine eigenen, selbst erdachten und hinterfragten Gedanken da. Du solltest am Steuer sitzen, nicht deine Gefühle.

5. Mehr Mut - Zusammenfassung

  • Negativen Gefühlen wird oftmals zu viel Bedeutung beigemessen
  • Deine Gefühle können dich täuschen
  • zwei Mechanismen können deine Gefühlsreaktionen verzerren
  1. Du bewertest Gefühle nicht nach ihrem Zweck
  2. Du hast vergangene Erlebnisse unzweckmäßig bewertet
  • Angst ist ein Hinweis auf mögliche Gefahren in der Zukunft
  • Gefühl von Richtig und Falsch ist ein Hinweis auf etwas Gewohntes/ Ungewohntes
  • Gefühl von Scham: Hinweis auf eine gelernte soziale Grenze
  • Wir sollten unserem Gefühl von Richtig und Falsch nicht blind vertrauen, sondern es mutig hinterfragen
  • Scham spüren bedeutet, dass du eine alte Grenze überschreitest und damit in Begriff bist, persönlich zu wachsen
  • Gefühle sind Hinweisgeber, am Steuer solltest du sitzen
  • Spüre aufkommende Gefühle aktiv: Wo befinden sie sich in deinem Körper? Was genau machen sie?
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